Der TVR Chimaera


Der TVR Chimaera – der Name Chimäre, hergeleitet aus der griechischen Mythologie, ein feuerspeiendes Monster mit dem Kopf eines Löwen, dem Körper einer Ziege und dem Schwanz einer Schlange. Als komfortabler Reisewagen mit mächtig Dampf unter der Haube konzipiert, übertrafen die Verkaufszahlen und der Erfolg dieses Modells alle Erwartungen von TVR. Es wurden dreimal so viele TVR Chimaera verkauft wie vom Schwestermodell TVR Griffith.

Als eine der wenigen britischen Marken schaffte TVR den Sprung in die Neunzigerjahre. Dem TVR Chimaera wurde dabei die Rolle des komfortablen Coupés mit großem V8 zuteil.

Zuerst irritiert der Name. Die Typenbezeichnung Chimaera kann man nur schwer aussprechen und auch die Automarke TVR ist eher selten im Portfolio der europäischen Autoliebhaber enthalten. Aufklärungsarbeit tut also not. Doch es lohnt sich, denn das was in den Jahren 1992 bis 2003 die Werkshallen im englischen Blackpool verließ, war ein Sportwagen reinsten Wassers.

TVR, das war bis zum vorzeitigem Aus im Jahr 2008 eine Sportwagenschmiede, die sich seit 1947 mit dem Bau von extrem leichten Coupés und Cabriolets beschäftigte. Gitterrohrrahmen und Leichtbaukarosserien waren ebenso Markenzeichen der Fahrzeuge, wie leistungsstarke Sechs- und Achtzylindermotoren. Mit dem TVR Griffith landete man einen beachtlichen Verkaufserfolg. Der parallel angebotene Chimaera sollte vor allem komfortorientierte Kunden ansprechen, da er über einen längeren Radstand verfügte und so deutlich mehr Platz bot. Dennoch setzte auch der Chimaera auf das Thema Fahrspaß. Vor allem das aufwendige Fahrwerk mit Einzelradaufhängung rundum und die ausgefeilte Gewichtsbalance sorgten dafür, das auch dieser TVR Kreise um die etablierte Konkurrenz fuhr. Das gewöhnungsbedürftige Design störte dabei die wenigsten, denn im Inneren bot der TVR klassische englische Tugenden, wie Wurzelholz und zahlreiche Rundinstrumente.

Während seiner elfjährigen Bauzeit erfuhr der Chimaera zahlreiche Modifikationen, die – in Kombination mit den teilweise sehr individuellen Außenfarben im Stile der 90er Jahre – jedes Auto zu einem Unikat machten. Auf der Motorenseite profitierte der Hersteller vor allem von der universellen Bauweise des Gitterrohramens, der eine einfache Adaption der verschiedenen Motoren möglich machte. Generell spielten dem TVR jedoch V8-Motoren die Bälle für die exzellenten Fahrleistungen zu. Von 4,0 und 4,3, über 4,5 bis hin zu 5,0 Litern reichte die Bandbreite der ursprünglich von Rover konstruierten Aggregate. Der Feinarbeit von TVR war es dabei zu verdanken, dass die Motoren im Laufe ihrer Bauzeit zu zuverlässigen und leistungsstarken Aggregaten reiften. Selbst die vergleichsweise hohe Leistungsausbeute der letzten Ausbaustufe von 320 PS (mit Katalysator) konnte der Standfestigkeit wenig anhaben. Gleiches gilt auch für die Kraftübertragung, bei der TVR auf ein Fünfgang-Schaltgetriebe aus dem Hause Borg Warner setzte. Dass dieses sich bisweilen nur unter Protest zum Gangwechsel überreden ließ, spielte für die Kundschaft vermutlich nur eine untergeordnete Rolle, denn die kurzen Schaltwege und das ungeheuer direkte Fahrgefühl entschädigen für vieles. Geschmacksache blieb über die gesamte Bauzeit die eigenwillige Optik der Chimaera.

Zwar renovierte TVR die GFK-Karosse mehrfach, ersetzte die Fiesta-Rückleuchten durch Exemplare in eigenständigem Design und retuschierte die Scheinwerfer, doch blieb die optische Erscheinung stets gewöhnungsbedürftig. Insbesondere die an den Porsche 911 angelehnten Kotflügel mit angedeuteten Peilkanten, sowie das traurig abgesunkene Heck machten aus der Chimaera nicht gerade einen Boulevard-Beau. Doch wer die Eigenständigkeit des Chimaera liebt, wird vermutlich über derlei Einwände nur schmunzeln und sich vielmehr an dem herausnehmbaren Targa-Dach erfreuen. Eine Besonderheit, die das Auto auch für längere Fernreisen im Open-Air-Modus adelt.

Der „Technik“ aus Großbritannien eilte, zumindest solange das Management der Hersteller noch nicht von deutschem Perfektionismus durchsetzt war, ein zweifelhafter Ruf voraus. Umso mehr überrascht es, dass der TVR Chimaera auch nach Jahren kaum Probleme bereitet. Die Grundkonstruktion des Gitterrohrahmens gilt als solide. Probleme treten lediglich bei verdeckten und schlecht reparierten Unfallschäden auf. Vereinzelt können Rostschäden in den vorderen Radkästen auftreten, die jedoch nicht abhängig vom Baujahr sind. Gerissene und spröde Karosserieteile treten in der Regel selten auf, lediglich stark strapazierte Fahrzeuge zeigen hier erste Schwächen.

Antriebsseitig stellt insbesondere die Thermik die Fahrer auf eine harte Probe. Schnell wird es dem großen V8 im Stop-and-Go-Verkehr zu heiß. Doch die meisten Fahrzeuge verfügen heute über nachträglich eingebaute Ölkühler samt Ventilatoren, sodass dieses Problem kaum mehr auftritt. Sporadische Undichtigkeiten an den Motoren sind dem zunehmenden Alter geschuldet und keinesfalls nur dem TVR vorbehalten. Der Innenraum des TVR hat naturgemäß nicht den gleichen Anspruch wie der eines Großserien-Mercedes-SL, besticht aber durch seine Liebe zum Detail. Das bisweilen elektrische Probleme auftauchen, Verkleidungsteile abfallen oder die Sitzbezüge Falten werfen, sollte man einem Kleinserienfahrzeug wie dem TVR nicht daher übelnehmen.

Doch bevor es mit dem Chimaera auf große Fahrt geht, haben die Götter den Fleiß gesetzt. Denn wer ein linksgelenktes Exemplar sucht, wird schnell feststellen, dass das Angebot rar ist. Als Alternative käme ein Rechtslenkerfahrzeug in Betracht, das meist zwischen 12.000 und 20.000 Euro angeboten wird. An einen Umbau dieser Modelle auf Linkslenkung ist jedoch kaum zu denken, da zum Einen die Ersatzteilsituation aufgrund der maladen TVR-Werke schwierig ist, zum Anderen sich der Umbau finanziell kaum lohnen dürfte. Aber nach einigen Übungsrunden dürfte man auch mit dem Rechtslenker eine glückliche Beziehung eingehen, denn die Mischung aus Fahrspaß und Reisetauglichkeit stimmt.
(* * * Review der Classic Driver von 2011 * * *)

Überblick:


1992
– Vorstellung des TVR Chimaera auf der Birmingham Motor Show

1993 – Verkaufsstart des TVR Chimaera auf Basis des Griffith 4.x-Chassis mit 4.0l- und 4.3l-Rover V8, mit zusätzlichem hinteren Stabilisator, weicherer Dämpfung und Katalysatoren

1994 – Wechsel vom LT77-Getriebe aus dem Rover SD1 auf das T5-Getriebe von Borg-Warner. Einführung des 5.0l-Rover V8-Triebwerkes

1996 – leichte Änderung am Chassis, dass sich nun Griffith und Chimaera teilen, neuer Grill (vom TVR Cerbera), Türöffnung nun über einen Knopf am Spiegel, leichte Modifikation der Heckklappe und der hinteren Stoßstange, neu gestaltete Rücklichter, neue oder geänderte Schalter im Cockpit

2001 – Neugestaltung der Frontscheinwerfer mit Plexiglas-Verkleidung (perspex cover)

2003 – Einstellung der Produktion

Zur Ausstattung gehörten neben Ledersitzen, elektrischen Fensterhebern, verstellbaren Pedalen, Alarmanlage und Eiswarner auch ein Walnuss-furniertes Armaturenbrett sowie viele polierte Aluminiumteile.

Als Sonderausstattung wurden Servolenkung, Klimaanlage, Lautsprecher hinten, CD-Wechsler für 6 CDs, Ledervollausstattung, Sitzheizung, Holzlenkrad mit verchromten Speichen, Wollteppiche und goldene Embleme angeboten.

Produktionszeit: 1993 bis 2003

Produktion 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
Stückzahl 526 519 707 844 873 1085 998 373 102 72 4

Stückzahl: 6103 insgesamt


Die Motoren:

4.0L-TVR/Rover V8, 3950 ccm
Leistung: 240 PS (bei 5250/min)
Drehmoment: 366 Nm (bei 4000/min)
Gewicht: 1060 KG
0-100 km/h: 5,3 s
Vmax: 228 km/h

4.5L-TVR/Rover V8, 4495 ccm
Leistung: 289 PS (bei 6000/min)
Drehmoment: 420 Nm (bei 4250/min)
Gewicht: 1050 KG
0-100 km/h: 4,6 s
Vmax: 259 km/h

4.0L HC-TVR/Rover V8, 3950 ccm
Leistung: 275 PS (bei 5250/min)
Drehmoment: 412 Nm (bei 4000/min)
Gewicht: 1060 KG
0-100 km/h: 4,9 s
Vmax: 245 km/h

5.0L-TVR/Rover V8, 4997ccm
Leistung: 320 PS (bei 5500/min)
Drehmoment: 475 Nm (bei 4000/min)
Gewicht: 1050 KG
0-100 km/h: 4,1 s
Vmax: 270 km/h

4.3L-TVR/Rover V8, 4280 ccm
Leistung: 284 PS (bei 6000/min)
Drehmoment: 414 Nm (bei 4000/min)
Gewicht: 1050 KG
0-100 km/h: 4,6 s
Vmax: 254 km/h

TVR Chimaera 400 TVR Chimaera 400HC TVR Chimaera 430 TVR Chimaera 450 TVR Chimaera 500
Baujahr 1993-2000 1994-1996 1993-1994 1996-2003 1996-2003
Zylinder V8 V8 V8 V8 V8
Hubraum (cm³) 3.950 3.950 4.280 4.545 4.987
Leistung (PS) 240 275 284 289 320
max.Drehmoment (Nm) 366 412 414 420 475
Vmax (km/h) 228 245 254 259 270
0-100 km/h (sek) 5,3 4,9 4,6 4,6 4,1
Verbrauch (Liter) 14,5 14,8 14,9 15,4 16,7

Text: wikipedia.de, Classic Driver / Bilder: shmooautomotive.co.uk